Selbstständig als Grafikdesigner: Erste Schritte

Dieser Artikel wurde im September 2015 ursprünglich in dem Blog meiner damaligen Website veröffentlicht, den Blog habe ich mittlerweile allerdings aufgrund mangelnder Zeit und dem daraus resultierendem fehlenden Input eingestellt.

Da dieser Artikel aber recht oft angeklickt wurde und ich sehr viel positives Feedback dazu bekam, habe ich diesen hier in meine aktualisierte Website übernommen. Bitte beachtet zudem, dass dieser Artikel alles andere als aktuell ist – die unten genannten Informationen solltet ihr dementsprechend definitiv überprüfen!

Seit nun mehr als vier Jahren arbeite ich als selbstständiger Grafikdesigner, davor habe ich einige Jahre in Festanstellung in verschiedenen Agenturen gearbeitet. Unter den Kollegen war es hin und wieder Thema, vielleicht einmal in die freiberufliche Selbstständigkeit zu wechseln. Doch zu groß war die Angst davor: zu unsicher, keine Freizeit mehr, weniger Geld als vorher und dann noch all die Verwaltungsarbeit – dann doch lieber auf Nummer sicher gehen und weiterhin pünktlich zum Monatsende das feste Gehalt bekommen.

Hätte mir damals jemand gesagt, dass all diese Ängste eigentlich völliger Quatsch sind und mir die Selbstständigkeit alle Zweifel an meinem Job nimmt und mir vor allen Dingen wieder Lust an der Arbeit und jede Menge Selbstvertrauen gibt, hätte ich wahrscheinlich sofort den Stift fallen lassen.

Die Entscheidung in die Selbstständigkeit zu gehen kam mehr oder weniger aus der Not heraus. Mein damaliger Job wurde mir gekündigt und von der Agenturarbeit hatte ich erst einmal die Schnauze voll.

Einige meiner ebenfalls gekündigten Kollegen haben den Schritt in die Freiberuflichkeit gewagt und irgendwie war damals meine Einstellung: „Das kann ich auch, was habe ich schon zu verlieren?“.

Wie ihr schon leicht herauslesen konntet, habe ich dies bisher keinen Tag bereut. Um ehrlich zu sein, war es eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Im Gegensatz zu früher, wo das Gefühl des „Arbeitszwanges“ vorherschte, habe ich nun eher das Gefühl, dass ich für Dinge bezahlt werde, die mir Spaß machen und eher als „Hobby“ empfunden werden. Natürlich ist das alles nicht immer nur leicht und lustig aber ebenso wie die eigentliche Tätigkeit selber, können jedoch auch all die Pflichten und Regeln im Alltag der Selbstständigkeit Spaß machen.

Um dem Einen oder Anderen ein wenig Angst zu nehmen, Mut zu machen und den Anfang zu erleichtern, habe ich ein paar der ersten Schritte in die freiberufliche Selbstständigkeit zusammengefasst:

1. Die Vorbereitung

Falls ihr euch noch in der Festanstellung, in der Ausbildung/Studium oder gar in der Arbeitslosigkeit befindet, solltet ihr bereits aktiv an eurer kommenden Selbstständigkeit arbeiten: baut euch ein Netzwerk zu anderen Freiberuflern aus eurer Branche auf, nutzt die üblichen Social Media Kanäle und Business-Netzwerke, betreibt wenn möglich Kundenakquise und stellt euch bei potenziellen Jobvermittlern wie z.B. Agenturen vor.

Der Idealfall wäre, wenn ihr eure Selbstständigkeit bereits mit einem konkreten Auftrag beginnen könntet.

Solltet ihr zum Start nicht bereits in Jobs ertrinken und euch fliegen die Aufträge von selbst zu, halte ich eine Selbstdarstellung für extrem wichtig. Besonders eine durchdachte Website ist für den Start unerlässlich!

Spätestens im nächsten Schritt, dem Businessplan, müsst ihr euch Gedanken über eventuelle Anschaffungen machen. Im ersten Schritt solltet ihr auf jeden Fall schauen, ob ihr für einen reibungslosen Start all das nötige Equipment zur Hand habt. Übrigens: Anschaffungen im Vorfeld eurer Selbstständigkeit kann man als sogenannte „vorweggenommene Betriebsausgaben“ auch im Nachhinein mit absetzen bzw. abschreiben!

2. Der Businessplan

Diesen Teil halte ich für einen der wichtigsten während der Gründungsphase, denn hier geht es ans Eingemachte. Man sollte sich auf jeden Fall vor Augen halten, dass der Businessplan nicht nur zur Vorlage bei z.B. der Beantragung eines Gründerzuschusses notwendig ist, sondern für einen selber zur Konkretisierung seines Vorhabens extrem wichtig ist.

Der Businessplan ist im Kern eine Beschreibung des Gründungsvorhabens, in denen die unternehmerischen Ziele, geplante Strategien und Maßnahmen sowie die Rahmenbedingungen dargestellt werden. Neben der eigentlichen Beschreibung des unternehmerischen Vorhabens gehören z.B. Dinge wie

  • Angaben der eigenen fachlichen Qualifikation,
  • den kaufmännischen Kenntnissen,
  • der Positionierung am Markt mit Angaben zur Konkurrenz oder
  • konkrete Zahlen zur Preisgestaltung,
  • den Lebenshaltungskosten,
  • einer Umsatz- und Ertragsvorschau für die nächsten drei Jahre sowie
  • ein Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan.

Das alles hört sich umfangreicher an, als es wirklich ist. Auch hier gilt: keep it simple! Im Endeffekt soll der Businessplan euch selber festigen und eure potentiellen Unterstützer von eurem Vorhaben überzeugen.

3. Gründerzuschuss beantragen

Eine extrem große Hilfe während meiner Gründung war der Gründerzuschuss durch die Agentur für Arbeit. Es war schon extrem erleichternd, in der ersten Zeit mit einem garantierten finanziellen Polster zu haushalten, um sich voll und ganz auf das geschäftliche konzentrieren zu können.

Die Agentur für Arbeit beschreibt den Gründerzuschuss so:

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten. Ein direkter Übergang von einer Beschäftigung in eine geförderte Selbständigkeit ist nicht möglich.

Der Gründungszuschuss wird in zwei Phasen geleistet. Für sechs Monate wird der Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhalts plus 300 Euro zur sozialen Absicherung gewährt. Für weitere neun Monate können die 300 Euro pro Monat zur sozialen Absicherung gewährt werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten dargelegt werden.

Die Bedingungen für den Gründerzuschuss sind:

  • Beendigung der Arbeitslosigkeit mit mind. 15 Arbeitsstunden wöchentlich durch selbstständige Tätigkeit
  • In den meisten Fällen eine kurze Vorbereitungsmaßnahme zur Existenzgründung
  • Nachweise über notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit in Form eines Businessplans mit
  • Vorlage bei einer fachkundigen Stelle wie z.B. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute

4. Anmeldung beim Finanzamt

Zu allererst benötigt ihr eine Steuernummer, welche ihr bei eurem zuständigen Finanzamt beantragen müsst. Im dementsprechenden Antrag – dem sogenannten „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ – müsst ihr neben persönlichen Angaben u.A. auch Angaben zur Gründungsform oder der Gewinnermittlung machen.

Mein dringender Tipp: besorgt euch ganz zu Anfang einen Steuerberater, welcher mit euch alle diese Bögen und Anträge genau durchgeht. Ich habe damals den Fehler gemacht und wollte unbedingt alles selber regeln. Das ist zwar durchaus auch möglich, allerdings auch mitunter sehr sehr nervig. Den Steuerberater braucht ihr sowieso und zwar spätestens zur ersten Steuererklärung!

Grafikdesigner werden zu den freien Berufen gezählt! Das bedeutet, dass ihr z.B. statt einer bilanzierten kompletten Buchhaltung nur eine Einnahme-Überschuss-Rechnung erstellen müsst. Neben der jährlichen Steuererklärung beinhaltet dies auch eine Umsatzsteuervoranmeldung, welche zu Anfang monatlich und später dann quartalsweise abgegeben werden muss. Hierzu empfehle ich dringend, einen Zugang zum Online-Portal „Elster“ (ja, das heisst wirklich so) des Finanzamtes zu beantragen. Es sei denn ihr wollt die Umsatzsteuervoranmeldung jedes mal handschriftlich ausfüllen und per Post verschicken.

Zu guter letzt sei noch die Beantragung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für z.B. Auslandseinkäufe (Software, etc.) zu empfehlen.

5. Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft

Die gesetzliche Unfallversicherung erfolgt über die Berufsgenossenschaften. Für einige Freiberufler-Gruppen gilt die Pflichtversicherung, Grafikdesigner hingegen können sich freiwillig versichern lassen. Solltet ihr Mitarbeiter angestellt haben, so müssen diese jedoch grundsätzlich über die gesetzliche Unfallversicherung über euch versichert sein.

Grundsätzlich aber gilt: ALLE Existenzgründer haben eine Meldepflicht (§192 SGB VII) binnen einer Woche bei der zuständigen Berufsgenossenschaft, unabhängig davon, ob sie tatsächlich Mitglied der GUV werden wollen und ob ihre Existenzgründung eine Gewerbeanmeldung voraussetzt oder nicht.

 

Und welche Berufsgenossenschaft ist nun zuständig? Diese Frage ist etwas knifflig, da es besonders im Bereich der Grafikdesigner, je nach Ausrichtung, verschiedene Zuständigkeiten gibt. Designer mit hauptsächlicher Ausrichtung im Webdesign werden z.B. über die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) verwaltet, Grafikdesigner mit Schwerpunkt Printgestaltung und Fotografie hingegen über die Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM). Ein Anruf bei der kostenlosen Infoline des Spitzenverbandes DGUV unter der Nummer 0800–60 50 404 hilft in jedem Falle weiter.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen: Anmelden müsst ihr euch in jedem Falle, Beitragszahlungen werden als Freiberufler ohne Angestellte aber nicht fällig!

6. Anmeldung bei der Künstlersozialkasse

Dieser Schritt ist keine Pflicht, jedoch meiner Meinung nach für einen Gründer im Designbereich extrem wichtig!

Keine Versicherung wird so kontrovers behandelt wie die KSK. Der Grund: in Deutschland haben Künstler das Recht sich als Selbstständige über die KSK nach dem selben Schema wie Angestellte zu versichern. Das bedeutet, dass die Künstlersozialkasse wie ein Arbeitgeber die Hälfte der Sozialabgaben übernimmt.

Dies wird verständlicher Weise von anderen Berufsgruppen als ungerecht empfunden – jedoch gilt auch hier die nicht ganz unberechtigte Vermutung, dass Künstler per se erst einmal wenig Einkommen haben. Fraglich ist dabei, ob dies auch für Grafik- bzw. Webdesigner gilt, die aus Sicht der KSK ebenfalls als Künstler angesehen werden.

Aber diese Frage können die ganzen zornigen Menschen in den Foren klären ;-). Erst einmal gilt: die KSK ist für künstlerisch tätige Menschen ein riesiger Segen, da monatlich jede Menge finanzielle Abgaben eingespart werden können.

Ein weit verbreiteter Irrtum: Viele behaupten, dass eure Kunden Abgaben leisten müssen, weil ihr in der KSK versichert seid. Richtig ist jedoch, dass eure Kunden so oder so Abgaben an die KSK zahlen müssen, sobald sie eine künstlerische Leistung beanspruchen. Ob ihr in der KSK versichert seid oder nicht, spielt dabei überhaupt keine Rolle!

 

Somit macht es auch keinen Sinn, sich nicht bei der KSK anzumelden, es sei denn ihr zahlt monatlich gerne die doppelten Abgaben an eure Krankenversicherung!

Im Kern funktioniert das Ganze so:

  • Ihr füllt den Antrag „Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz“ aus und werdet einer Künstlergruppe zugeordnet
  • Ihr müsst eure künstlerische Tätigkeit durch Belege wie z.B. Verträge, Abrechnungen, Publikationen, Urkunden, Bescheinigungen, etc. nachweisen
  • Nach erfolgreicher Anmeldung müsst ihr jeweils zum Jahresende euer voraussichtliches Jahreseinkommen schätzen
  • Auf Basis dessen werden dann eure Abgaben ermittelt (siehe KSK Abgabenrechner)

 

Ich hoffe, ich konnte für den Anfang ein wenig Licht in die Sache bringen. Bei Anregungen und Fragen gerne die Kommentarfunktion nutzen. In den nächsten Teilen werde ich einmal den Alltag der Selbstständigkeit beleuchten und auf einzelne Teile des Workflows eingehen.